Die Band Selbstentleibung sieht sich dem Depressive-Black-Metal-Genre nicht angehörig. Aber wenn es ein musikalisches Pendant zum filmischen Horror Genre gibt, wäre die Musik der Band diesem in jedem Fall zuzuordnen. Wer unter Musik vor allem die Beschallung durch wohlig-tönende Kompositionen versteht, wird viele der Stücke von Selbstentleibung so harmonisch empfinden wie einen Hochzeitstanz in einer Ritterrüstung, bei dem man fast ununterbrochen angeschrien wird.
Klanglich auf Störung programmiert
Die vom Schlagzeug angepeitschte Musik ist akustisch überladen und es fällt einem schwer, eine alles umschließende durchgehende künstlerische Affinität für Harmonie zu entdecken. Im Gegenteil, es gibt sogar viele Elemente rhythmisch programmierter Disharmonien. Alles wird eingebettet in eine insgesamt aufwühlende Geräuschkulisse und die Passagen der unterschiedlichen Instrumente mit viele harten und abrupten Übergängen versehen. Stellenweise deuten die Gitarren-Einlagen und einige akustische abgeschwächte Lichtungen ein wenig Hoffnung an, doch diese wird systematisch durch überlagernde Störgeräusche eliminiert.
Die stimmlich erzeugten Klang-Elemente sind kein Gesang im klassischen traditionellen Sinne. Die sogenannten gutturalen Gesänge klingen eher wie animalische Schreie, die Raubtiere zum Einschüchtern ihrer Beute nutzen, oder wie Schlachtrufe, die sich die Heerscharen verfeindeter Urvölker unmittelbar vor den Angriffen und während ihrer Kämpfe um Leben und Tod gegenseitig zuriefen oder vielmehr brüllten.
Betrachtet man die einzelnen musikalischen Einlagen der Instrumente und der Stimme als separate Klang-Blöcke, ist nicht von der Hand zu weisen, dass sich diese auf einem technisch hohen Niveau befinden. Jeder Musiker beherrscht sein Werkzeug. Und die Abmischung scheint auch gewollt. Aber sobald der „Gesang“ mit ins Spiel kommt, steigt der Aggressionspegel merklich an und die Grenzbereiche der Erträglichkeit werden schnell ausgereizt. Spätestens dann wird die Musik für diejenigen, die sich noch nicht an die Klangwelt des Black Metals gewöhnt haben, zu einem nervlich anstrengenden Belastungstest, der bei sensiblen Gemütern körperliche Alarmreflexe und Kurzatmigkeit auslösen kann.